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GERT H. WOLLHEIM

1894 bis 1974


Gert Wollheim, 1920
Gert Wollheim, 1920

Wollheim, der Sohn aus großbürgerlichem Elternhaus, der sich nach der mörderischen Erfahrung des Ersten Weltkrieges revolutionären, eher "proletarischen" Ideen verbunden fühlte, war ein hochsensibler und hyperaktiver Mensch, ein Denker und Propagandist der "Neuen Kunst". Seine "scharfen" Reden ebenso wie die "unheimliche Konzessionslosigkeit" seiner Anschauungen waren in der Düsseldorfer Kunstszene geachtet und gefürchtet.
Wollheim war ein Multitalent, er schrieb Gedichte, er spielte virtuos Geige, er zeichnete, malte und modellierte, er hielt Vorträge, schrieb Aufsätze, Pamphlete, er schrieb Stücke für die Bühne und schauspielerte. Er war Organisator von Ausstellungen und Künstlerzusammenschlüssen. Und schließlich war Wollheim Herausgeber von Zeitschriften, der Hefte des "Aktivistenbundes 1919", der Zeitschrift "Das Ey", des Periodikums "Das Junge Rheinland" und des politisch−satirischen Pamphlets "Die Peitsche". Wollheim war in der frühen 20er Jahren wirklich ein feuerspeiender Berg, dessen künstlerische und kunstpolitische Eruptionen nicht nur die rheinische Kunstszene durcheinanderwirbelten.


Friesische Landschaft Friesische Landschaft   1919
Öl auf Leinwand
Kolumba − Kunstmuseum des Erzbistums Köln
Friesenkind mit Haarschleife
Friesenkind mit Haarschleife   1919
Kohle

"Wollheim ist ein dreistes Gemisch von Ernst, Langeweile, Malerei, Jurisprudenz, Vagabundentum, guter Herkunft, Dresden, Berlin, Düsseldorf, Landmann, Greisentum, Liederlichkeit, Meisterschaft und entsagender Ekstase. Man geht falsch, wenn man ihn für eine Person hält, da es bisher nicht gelungen ist, seine physischen Grenzen festzustellen. (Die Hauptgrenze mußte verworfen werden, weil sie ohne Luft und Anziehungskraft der Erde nichts ist.) Dadurch kommt er in die peinliche Situation, größenwahnsinnig zu erscheinen, da er eine kosmische Ausdehnung als sein eigen bezeichnet. Dennoch ist er nicht so consequent als Totalität, auch alles Geld sein Eigentum zu nennen, sondern an finanziellen und Liebesfragen entzündet sich leicht seine Erfahrung, daß er dort zeitweise als Person unter anderen Personen figuriert. Bei schönem Wetter ist er träge, im Nebel Silhouette, im Auto souverän.

Gerne unterhält man sich mit ihm, wenn man über einen beweglichen Geist verfügt, auch wenn man nur ein Straßenbahnschaffner ist, man wird böse auf ihn, wenn man eine hochgestellte Persönlichkeit ist. Dort entdeckt man bald, daß er eben so wenig wie andre in der Lage ist, die Welt zu verbessern. Leider hat man zu bemerken, daß er Immanuel Kants Schriften leihweise nicht gelesen, teilweise falsch verstanden, teilweise abgelehnt, teilweise zu eigen genommen hat. "

Gert Wollheim, aus: Das Stachelschwein Heft 4, Frankfurt a.M. 1925



Biographische Daten
1894 Am 11.9. wird Gert Heinrich Wollheim als zweiter Sohn des jüdischen Automatenfabrikanten Heinrich Wollheim in Loschwitz bei Dresden geboren.
1900 Übersiedlung der Familie nach Berlin.
1911−13 Studium an der Hochschule für bildende Künste in Weimar. Hier lernt er Otto Pankok kennen.
1914−1917 Militärdienst an der Ost− und Westfront. Zwei Verwundungen.
1919 Mit Otto Pankok in Remmels/Ostfriesland. Ende des Jahres gehen beide nach Düsseldorf. Mitarbeit im "Aktivistenbund 1919" und Kontaktaufnahme mit Johanna Ey.
1920 Mitherausgeber der Zeitschriften des Aktivistenbundes und "Das Ey", Mitglied des Jungen Rheinlands.
1921 Herausgeber der Zeitschrift "Das junge Rheinland". Mitbegründer der Arbeitersiedlung "Freie Erde" in Düsseldorf−Eller. Heirat mit Leni Stein.
1922 mit Kaufmann und Uzarski Organisator der "1. Internationalen Kunstausstellung Düsseldorf".
Porträt Adolf Dell Porträt Adolf Dell
1924
Öl auf Leinwand
Dachkammer
Dachkammer
um 1922
Öl auf Papier
1925 Übersiedlung nach Berlin.
1927 Reise mit Johanna Ey nach Mallorca.
1928 Gastatelier in der Düsseldorfer Kunstakademie.
1933 Flucht aus Berlin über Saarbrücken nach Paris. Zeitweiliger Aufenthalt in der Schweiz in Ascona.
1937 Vorstandsmitglied des "Freien Deutschen Künstlerbundes" in Paris.
1939−42 Internierung in den Lagern Vierzon, Ruchard, Gurs und Septfonds, von wo er 1942 flieht.
1942−44 Aufenthalt in Nay, wo er Mona Loeb kennenlernt.
1945−47 Wieder in Paris.
1947 Übersiedlung nach New York und Heirat mit Mona Loeb.
1974 Am 22. April stirbt Gert Wollheim in New York.

"Ihr sollt meine Bilder nehmen wie eine Kokusnuss
Die auf den steifen Hut fiel euch
Und eine Dülle gemacht hat
Aber dann wenn das Malheur vorbei ist
Habt ihr sie in eurer Hand
Und nun mit Hammer und Messer ran an die Schale
Ich versprech euch's fließt süße warme Milch raus
Aber wartet nicht zu viel tausend Jahre damit
Sonst wird alles faul und stinkt ganz alt und modrig."

Gert Wollheim, in: Buch Zwei des Aktivistenbundes 1919, Düsseldorf 1920


Mordgedankengang Mordgedankengang   1921
Tusche, laviert
Die Phantome
Die Phantome   1921
Farbstifte und Bleistift

Kataloge und Ausstellungen von GERT H. WOLLHEIM
in der Galerie Remmert und Barth
Gert H. Wollheim − Die wilden Jahre GERT H. WOLLHEIM
Die wilden Jahre 1919-1925

Ausstellung vom 4. September bis 24. November 1984

Katalog:
Mit Texten von Eberhard Roters und Michael Euler−Schmidt
sowie dem Werkverzeichnis der Druckgraphik,
bearbeitet von M. Euler−Schmidt und Herbert Remmert
108 Seiten, 140 Werkabbildungen, 10 dokumentarischen Abbildungen
Format 24 x 17 cm, Broschur mit Schutzumschlag, (1984)    Euro 20,−−
Bestell-Nr. 1037

"...eine substantielle Veröffentlichung... Der vorzügliche Katalog bietet über hundert teils farbige Reproduktionen nach Arbeiten von Wollheim, der im Düsseldorf der zwanziger Jahre als 'roter Christus' und als 'feuerspeiender Berg' berühmt−berüchtigt war."
Hans Kinkel in der FAZ
DIX − PANKOK − WOLLHEIM
Freunde in Düsseldorf 1920−1925

Ausstellung vom 23. Mai bis 12. August 1989

Katalog:
Mit Texten von Johanna Ey, Conrad Felixmüller, Gerth Schreiner, Paul Westheim und Gert Wollheim
120 Seiten, 110 Werkabbildungen, 16 dokumentarische Abbildungen
Format 24 x 17 cm, Broschur mit Schutzumschlag, (1989)    Euro 15,−−
Bestell-Nr. 2003
Dix − Pankok − Wollheim
Wollheim−Katalog 2001 Vom Feuerspeienden Berg zum Don Quichotte
GERT H. WOLLHEIM
Ausgewählte Werke 1909−1958

Ausstellung vom 4. September bis 25. Oktober 2001

Katalog:
Mit Texten von und über Wollheim
128 Seiten, 85 Werkabbildungen, 5 dokumentarische Abbildungen
Format 17 x 12 cm, gebunden, (2001)    Euro 10,−−
Bestell-Nr. 1038
Gert H. Wollheim ist außerdem in zahlreichen Themen− und Sammelausstellungen unserer Galerie vertreten.

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Stand September 2017